Dienstag, 13. Mai 2008

Macht

Heute habe ich mich auf den Weg in eine andere City gemacht. Nein, ich will nicht umziehen, wobei der Gedanke auch schon vorhanden war. Ich will mich nur mal umschauen und gucken, was die Kollegen hier so tun, wie ihr Alltag aussieht und wie sie dem Ganzen so gewachsen sind. Die Kollegen sind wirklich nett und zuvorkommend und doch merkt man, dass sie mir nicht so ganz trauen. Sie fragen viel, wollen wahrscheinlich ganz viele Infos von mir haben und bekommen aber nur sehr wenig Input.
So war ich schon immer und so werde ich wohl auch immer bleiben. Mich kann man halt nur Stück für Stück kennen lernen. Ich bin kein Mensch, der gleich jedem alles auf die Nase bindet. Das meiste muss man sich erst verdienen. Ja, so ein Mensch bin ich und ich schäme mich auch nicht dafür, kann es ganz offen zu geben.
Und während die Fragen weniger werden, frage ich mich, ob die Kollegen das jetzt richtig, oder (was wahrscheinlicher ist) falsch interpretieren. Und an diesem Punkt merke ich, dass es mir egal ist und bin froh über meine Einstellung.
Die übrigen Kollegen verbringen ihre Pause gerade in der düsteren Raucherküche, was ich so gar nicht nachvollziehen kann, denn das Wetter ist herrlich und zumindest ich huldige der Sonne hier auf der Terrasse. Dabei bin ich mir so ziemlich sicher, dass sie da drinnen über mich sprechen, ist ja irgendwie klar, denn wenn jemand in mein eingeschworenes Team käme und sich so benehmen täte, wie ich, dann würden wir auch über ihn/sie sprechen, wenn er/sie nicht im Raum ist. Schwamm also drüber.
Und während ich hier so sitze und darüber nachdenke, was ich von mir Preis geben mag und vor allem, was hier, für diesen Job und diese City relevant ist, da fällt mir eine Diskussion von damals ein, die ich in meinem zweiten Ausbildungsjahr mit einer Dozentin hatte.

Ich weiß noch, dass es ein warmer Tag war und ich das zweite Mal in diesem Kurs saß. Ich war mir schon nach dem ersten Mal ein bisschen fehl am Platze vorgekommen, doch es gab keine Möglichkeit mehr zu wechseln und so dachte ich mir nur "Zähne zusammenbeißen und durch!"
Da ich mir aber meinen Notendurchschnitt auch nicht zerschlagen wollte, machte ich ab und zu mit, wobei sich das wirklich nur auf das Nötigste beschränkte.
An diesem besagten zweiten Tag hatte sich die Dozentin vorgenommen ihren Kurs ein wenig besser kennen zu lernen und forderte einiges an Informationen von den Kursteilnehmern, um sich (und dem Kurs) ein besseres Bild machen zu können. Nach einigen Minuten sammelte sie das Material wieder ein und verlas es, während jemand anderes Notizen an die Tafel schrieb. Also sie dann meine Karten verlesen wollte, stockte sie einen Moment und schaute mich dann irritiert an "Hast du die Aufgabe nicht verstanden oder hat dir die Zeit nicht genügt?" Ich erklärte ihr, dass alles beim Besten sei und sie ihr "Spielchen" zu ende spielen könne, ich da aber nicht dran teilnehmen wolle. Und das war dann der Auslöser. Von wegen ich bräuchte mich doch nicht vor IHR hinter meiner Mauer zu verstecken und man könne doch hier offen und ehrlich über ALLES sprechen. Die Gruppe würde einem Halt geben etc. etc. Ein bisschen kam ich mir ja vor, wie bei einem Treffen der AAs (anonyme Alkoholiker).
Ich versuchte dann der Frau zu erklären, dass das ja alles gut und schön sein, ich aber weder IHRE Hilfe noch den Halte der Gruppe bräuchte, ich einfach nur niemanden Macht über mcih geben wolle. Denn je mehr sie und auch die Gruppe über mich wissen würden, umso mehr Macht hätten sie über mich. Weiter erklärte ich ihr, dass ich nicht wolle, dass irgendwer wieder Macht über mcih hätte, denn dieses Kapitel habe ich abgeschlossen. Die Frau konnte (oder wollte?) einfach nicht verstehen, bzw auf mich eingehen und versuchte noch weitere 20 Minuten mir meine "grausigen Geheimnisse der Vergangenheit", wie sie es nannte, zu entlocken. Sie versuchte mir zu erklären, dass das nichts mit Macht zu tun habe und sie ja keinerlei Macht über mich bekommen können, nur weil sie Details meines Lebens wisse. Jedenfalls nicht, so lange diese sich im legalen Bereich aufhalten würde.
So ein Quark!
Letztlich sind wir dann aber so hart aneinender geraten, dass ich den raum verließ und auch nicht mehr wieder betrat an diesem Tag. Eine Woche später ging ich extra ein paar Minuten eher in den Kurs, um mich für meine Worte zu entschuldigen, aber dennoch klar zu stellen, dass ich weiterhin meinen Standpunkt vertreten würde, sollte dies nötig sein. Sie wollte davon nichts wissen und beachtete mich von nun an nur noch in fachlichen Dingen, was mir ganz lieb war.

Und nun merke ich immer öfter, wie viel Macht hinter Informationen steckt. Nicht nur im beruflichen Bereich, sondern auch (oder gerade?) im privaten Bereich. Ich kenne nicht einen Staatsdiener, Angestellten oder eine Führungspersönlichkeit, die mich so runter reißen kann, wie jemand, der mich kennt. Nur Menschen die mich kennen, können mich verletzen und in unendliche Traurigkeit, Enttäuschung stürzen, denn sie haben Macht über mich.
Wenn ich hier die Kollegen, die mir ja alle noch vollkommen fremd sind, anschaue, vermag ich nicht einschätzen zu können, wer Freund oder Feind ist. Und eigentlich ist es mir auch egal, denn ich habe nicht vor mich mit ihnen über eine professionelle, geschäftliche Ebene hinaus zu beschäftigen.
Also denkt und tratscht doch was ihr wollt, denn ihr werdet nie wissen, wer ich bin.

Keine Kommentare: